Vor-, Mittel- oder Rückfuß?

Vor-, Mittel- oder Rückfuß?

26. Mai 20173 Minuten Lesezeit

Für viele Läufer gibt es DEN richtigen Laufstil - ich persönlich finde nicht. Denn jeder hat seine Vor- und Nachteile und in diesem Artikel möchte ich darauf mal eingehen :-)

Ein Läufer läuft - und jeder läuft anders. Während der Laufstil insgesamt von uns größtenteils nur langsam durch gezieltes Training verändert/verbessert werden kann, verändern viele Läufer einen Teil davon ganz bewusst. Einen gewissen Teil kann man nicht ändern, da es stark auf genetische Faktoren und den generellen passiven Bewegungsapparat ankommt. Ein Läufer mit X- oder O-Beinen wird sich selbst mit viel gezieltem Krafttraining anders fortbewegen als ein Läufer mit normaler Beinstellung.

In meinem Artikel zum optimalen Laufschuh habe ich bereits auf verschiedene Schuhmodelle hingewiesen, die wiederum versuchen, solche Fehlstellungen auszugleichen. Während solche Fehlstellungen zunächst nicht direkt verändert werden können, stellen mittlerweile viele Läufer ihren Laufstil vom Vorfußlaufen auf einen Rückfußlaufstil um. Dazu nun meine persönliche Meinung.

In meinen Augen hat jeder dieser Laufstile seine Berechtigung und ich möchte wirklich ganz von vorne beginnen, nämlich mit den Babys. Wer schon mal aufgepasst hat, der merkt, dass diese in der Regel auf den Zehenspitzen gehen und erst im Laufe der Zeit über den Rückfuß abrollen. Laufen wir also so, dass wir mit dem vorderen Teil des Fußes zuerst am Boden aufkommen, so wirkt unsere Wadenmuskulatur wie eine Feder, die den Aufprall im wahrsten Sinne des Wortes abfedert. Die Wadenmuskulatur ist mit dem Fuß wiederum durch einen der am schlechtesten durchbluteten Körperteile verbunden, der Achillessehne. Laufen wir also viel über den Vorfuß, ohne dass wir dafür ausreichend trainiert sind, so riskieren wir schnell eine Überlastung der Achillessehne - dieses Problem hatte selbst Haile Gebrselassie, als dieser vom 10.000-Meter-Wettkampf auf den Marathon umgestiegen ist. Dennoch hat der Laufstil über den Vorfuß auch seine Vorteile - er ist nämlich grundsätzlich der "natürlichste" Laufstil, bei dem auf die Dämpfung im Laufschuh größtenteils verzichtet werden kann und man kann sich grundsätzlich etwas schneller fortbewegen, weil der Laufschritt um wenige Zentimeter verlängert wird im Vergleich mit einem ersten Bodenkontakt mit der Ferse. Dafür ist dieser Laufstil für die Wadenmuskulatur auch sehr stark ermüdend und damit nicht nur wegen dem erhöhten Verletzungsrisiko für längere Strecken eher ungeeignet.

Obwohl die neuen, leichteren Laufschuhmodelle mit wenig Dämpfung gerade für die Vorfußläufer entwickelt wurden, laufen auch viele Rückfußläufer mit diesen Schuhen. Hier verweise ich nochmals auf meinen früheren Artikel zu den Laufschuhen und empfehle hier eindeutig einen besser gedämpften Schuh, um langfristige Schäden zu vermeiden. Der Rückfuß-Laufstil ist jedoch kein schlechter Laufstil, sondern lediglich ein anderer. Auch wenn er "weniger natürlich" ist, weil durch den Aufprall der Ferse bei jedem Schritt (ohne gut gedämpfte Laufschuhe) eine Art Stoßwelle bis zur Wirbelsäule den Körper durchdringt, so hat dieser dennoch seine Vorteile. Gerade für lange Strecken ist dieser Laufstil sehr gut geeignet, da hier der Schuh den größten Teil der Dämpfung übernimmt und die Wadenmuskulatur als auch die Achillessehne geschont werden. Gerade bei den längeren Strecken ist die um wenige Zentimeter verkürzte Schrittlänge auch nicht entscheidend - anders sieht es bei Sprintern aus, die vorwiegend über den Vorfuß für eine größtmögliche Geschwindigkeit laufen.

Eine Zwischenlösung, die nur von wenigen Läufern praktiziert wird, ist der Mittelfußlaufstil, bei dem man mit der ganzen Außenkante des Fußes am Boden aufsetzt und nach innen zum Vorfuß abrollt. Man schont hierbei die Achillessehen stärker als beim reinen Vorfußlaufen und hat in der Regel einen etwas geringeren Bodenkontakt als beim Rückfußlaufen. Hier sollte übrigens wiederum der Laufschuh etwas besser gedämpft sein ;-)

Es gibt somit nicht den perfekten Laufstil. Wenn du dich also demnächst bewusst für eine der drei Varianten entscheidest, so solltest du vor allem Deine damit verbundenen Ziele beachten: Streckenlänge und Tempo.

Mein persönlicher Tipp für alle Rückfußläufer: Gehe - gerade im Sommer - so oft wie möglich Barfuß über den Vorfuß, so kannst du Deine Wadenmuskulatur und Achillessehne nach und nach mit wenig Verletzungsrisiko stärken ;-)


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